Der Auslöser der urdemokratischen Debatte: Die MALBORNER MORITAT
So ihr Leut ich hab was zu sagen
und wenn ihrs richtig lest es sind nur Klagen
Eigentlich so könnt man sagen
ist hier das Wohnen gut zu ertragen
Nur schöner wär es in der Tat
ohne diese Bürgermeisterin und diesen Gemeinderat
Denn diese hier Genannten
treiben manche Bürger in den Ruin und machen sich darüber keine Gedanken
Die zwei Straßen, die sollen gebaut
da wird manch Bürger übers Ohr gehaut
Im Neubaugebiet da gib fein Acht
da sagen sich Fuchs und Has gute Nacht
Bewohnt ist es nicht
aber dafür brennt jede Menge Licht
Oh je es wird noch doller
die Gemeindekasse wurde davon auch nicht voller
Das Quellwasser des Dorfes wurde verschenkt
Ja sagt mal haben die gepennt
Sie verschenken es an eine eine Sprudelfabrik
bei denen macht es klick, klick, klick
Der kleine Bürger und das ist wahr
soll dafür zahlen - meint der Rat - na klar
Ob alte oder junge Leut
die werden hier kräftig aus gebeult
Die Bürger sollen zahlen und das kräftig
das meint die Bürgermeisterin und der Rat und das mächig
obwohl leer die Gemeindekasse ist
wird umgebaut der Kindergarten und das ist gewiss
Gegen ein neus Dach kann keiner was sagen
denn das ist nötig - ohne zu klagen
Doch ihr Leut wie im TV zu lesen
kostet der Spaß 400.000 Euro Spesen
Nun frag ich euch Ihr Leut
müssen Schlafraum und Wickelraum in dies Gebäud
Bei uns einfachen Leut war es immer so
die Kids, die noch nicht gehen zum Klo
die legt man auf ne Wickelunterlage oder so
Die Unterlage passt auf jeden Tisch
da braucht man doch dieses Wickelzimmer nisch
Aber das ihr Leut ist noch nicht alles
jetzt muss noch ein Industriegebiet er, die ham doch en Knalles
Mt 500 000 Euro ist die Gemeinde dabei
ei, ei, ei
Interessenten gibt es dafür
noch nicht viele aber dafür heißt es auch Hasenwiese
Und es geht weiter mt den Miesen
aber auch ohne diese Hasenwiese
Nun ihr Leut seht es doch mal reell
ging es uns nicht besser und das schnell
Der Rat und die Bürgermeisterin würden gehen
Und das auf nimmer Wiedersehn
Da wird sich noch manchmal im Ton vergriffen, indem Kritiker als "vaterlandslose Gesellen" abgestempelt werden, die doch am besten abmarschieren sollten in die "weite Welt".
Das mit den "vaterlandslosen Gesellen", das stammt noch aus dem 1.Weltkrieg, wo diejenigen Sozialdemokraten, die das gegenseitige Abschlachten für die historisch überholten Dynastien nicht mitmachen wollten, kurzerhand als "vaterlandslose Gesellen" diffamiert wuden. Der Kaiser beschwor das Volk mit der Lügenphrase: "Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!" Und die Sozialdemokraten willigten damals - wie heute auch?- ein in den Burgfrieden und mobilisierten für das große Abschlachten.
In Malborn geht es nicht ganz so heftig zu, aber manchmal mutet da Kritik an der Dorfchefin schon an wie Majestätsbeleidigung. Ungeachtet all des verbalen Kanonendonners wird jedoch allmählich auch der breiten Öffentlichkeit klar, welche Dorfpolitik in Malborn noch mehrheitlich vertreten wird.
Auf der Einweihungsfeier des rundumerneuerten Büdlicher Gemeindehauses stellte Festredner Mertes, Chef der ADD, indes zum wiederholten Male klar, dass es keinen Sinne mehr mache mit Neubaugebieten auf die Ansiedlung von Gewerben zu hoffen, sondern vielmehr komme es darauf an mit intelligenten Lösungen der Ortsentkernung entgegenzuwirken. Abgesehen von der weiteren ökologisch bedenklichen Flächenversiegelung und der überdimensionerten Wasserversorgung und Abwasserentsorgung macht die Ausweisung von Neubau - und Gewerbegebieten angesichts der zunehmenden Überalterung des ländlichen Raumes zunehmend keinen Sinn. Unverdrossen setzen aber die CDU und auch die SPD sowie im Schlepptau die F.D.P. in der VG Thalfang am Erbeskopf immer noch auf Wachstumsrezepte aus den frühen Nachkriegsjahren, anstatt auf die Durchmischung der Dörfer mit Gewerbeansiedlungen im Ortskern und mit Rückbau der überdimensionierten Kanalisation.
Diese Diskussion hat also jetzt trotz macher schiefen Töne auch Malborn erreicht. Und noch eins, angesichts der Überschuldung der VG und auch der Malborner OG sowie der angespannten Haushaltslage der Anwohner der Träf und Buhs, gilt es hier die sparsamsten "Strassenausbauvarianten" zum Zuge kommen zu lassen. Sich da mit Ratsmehrheiten und einer stets zu Diensten stehenden VG-Verwaltung in Thalfang über berechtigte Anliegen der Anwohner hinwegzusetzen, das führt berechtigterweise zu Unmut. Eine Politik des "Ihr habt uns gewählt, wir entscheiden, Ihr zahlt !", wird auf Dauer nicht weiterhelfen, sondern auf mittlere und längere Sicht scheitern. Wenn dies allmählich zur allgemeinen Erkenntnis heranreifen sollte, dann hätte Anonymus mit seinen derben Versen ungeahnte urdemokratische Folgen ausgelöst.
Keine Kommentare